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Juli 11, 2019

Martin Kriegl ist als Geschäftsführer der Metran Rohstoff-Handels GmbH für den Ein- und Verkauf im MGG-Unternehmensverbund verantwortlich. Jährlich sorgt er dafür, dass rund 80.000 Tonnen an recycelten Metallen an den Käufer gebracht werden. Im Interview erklärt er unter anderem, wieso China den Markt vor kurzem auf den Kopf gestellt hat und wieso er deshalb jetzt mehr reist als je zuvor.

Herr Kriegl, Ihr Einstieg bei Müller-Guttenbrunn war etwas unorthodox, wenn man so will…

Martin Kriegl: Ja, ich habe mich 1995 bei Müller-Guttenbrunn beworben, weil ich gedacht habe, dass ich mit meinem Studium rasch fertig werde. Dem war dann aber doch nicht so, weil mein Professor mit meiner Diplomarbeit absolut nicht einverstanden war. So habe ich dann bei Müller-Guttenbrunn aufgrund meiner Abschlussarbeit angeheuert. Daneben habe ich gleich ins Schrottgeschäft hineinschnuppern können. Aus der Diplomarbeit und ein bisschen Schrotthandel ist schließlich eine Festanstellung geworden.

Wie hat sich Ihr Aufgabengebiet verändert?

Kriegl: Meine Aufgaben haben sich fast ständig verändert. Gleich am Anfang habe ich viel PR-Arbeit gemacht – plötzlich ist man auf die Idee gekommen, ich solle mich um die Firmenzeitung und Prospektmaterial kümmern. Irrtümlich hat man angenommen, ich habe das in meinem Publizistik-Studium gelernt. Das Studium bestand damals jedoch aus viel Theorie ohne jede Praxis – somit hatte ich eigentlich keine Ahnung. Aber ich bin ins kalte Wasser gesprungen und habe gemeinsam mit Fritz Stummer aus Waidhofen die ersten Firmenzeitungen erarbeitet. Über die Jahre ist der Schrotthandel immer wichtiger geworden und die PR-Arbeit immer weniger, bis ich sie schließlich abgegeben habe. Dafür ist in der Zwischenzeit einiges andere an mir hängen geblieben.

Was zum Beispiel?

Kriegl: Ich durfte die ersten ISO-Qualitäts- und Umweltmanagementsysteme aufbauen. Sogar einen Strahlenschutzkurs habe ich absolviert. Vieles, was über die Jahre keiner machen wollte, ist irgendwie bei mir gelandet.

Schlussendlich haben Sie Ihren Fokus auf den Ein- und Verkauf gelegt. Dieser Bereich ist für Recycling-Unternehmen ja ganz besonders wichtig – und ein bisschen konträr zu produzierenden Firmen und Dienstleistern…

Kriegl: Ein- und Verkauf sind selbstverständlich entscheidende Faktoren für MGG. Wenn wir zu teuer einkaufen und zu billig verkaufen, können die Ergebnisse unterm Strich natürlich nicht gut sein. Unsere Einkäufer gehen wie typischen Verkaufsvertreter von Tür zu Tür – in diesem Fall zu Schrotthändlern und Industriebetrieben – um dort unsere Dienstleistung anzubieten: Wir nehmen euch euren Schrott, euren Abfall ab. Wir stellen euch einen Container auf und holen diesen ab. Wir bieten euch Entsorgungssicherheit, denn wir haben alle Genehmigungen für eine sachgerechte Entsorgung – und im Idealfall bieten wir euch sogar noch Geld dafür, denn der Abfall ist schließlich wertvoll. Da stehen wir im beinharten Wettbewerb mit anderen Unternehmen, die ähnliche Leistungen anbieten.

Noch härter ist aber derzeit der Absatz von recycelten Materialien. Warum kann man Aluminium, Kupfer, Messing und andere wertvolle Rohstoffe derzeit so schwer verkaufen?

Kriegl: Bis vor zwei Jahren war es tatsächlich so, dass die Nachfrage nach den wiedergewonnenen Metallen groß war. Seit China vor zwei Jahren den Markt dicht gemacht hat und nichts mehr importiert, ist alles anders. China ist als riesiger Markt weggefallen und somit haben wir einen Überschuss an Rohstoffen in Europa. Dazu kommt, dass aus Amerika weiteres Material kommt, da man dort ebenfalls nicht nach China exportieren kann. Daher diktieren derzeit die Käufer die Konditionen – also Qualität und Preis. Wir Recycler müssen uns anstellen und gut verhandeln. Ich bin jetzt 24 Jahre in dieser Branche, aber so viel gereist wie in den letzten Monaten bin ich noch nie!

Das heißt, persönlicher Kontakt ist hier das A und O?

Kriegl: Face-to-face geht natürlich vieles einfacher als über das Telefon – zumal das Vertragswerk oft sehr kompliziert ist. Über die Jahre habe ich mir ein breites Netzwerk aufgebaut. Mit manchen Ein- und Verkäufern haben sich echte Freundschaften entwickelt, weil man über dieselben Themen spricht und sogar dieselben Hobbys teilt. Da kommt es schon vor, dass man bei Meetings auch viel Privates bespricht, wobei natürlich das Geschäft nie zu kurz kommt. Da ich generell sehr gerne mit Menschen Kontakt habe, macht mir diese Arbeit riesig Spaß – Schmäh führen auf hohem Niveau und gleichzeitig Geschäfte machen. Da hilft mir sicherlich der typisch österreichische Humor, den man im Ausland durchaus zu schätzen weiß.

Werden heutzutage nicht auch schon viele Geschäfte über digitale Plattformen abgewickelt?

Kriegl: Ja, die alten Schrotthändler werden mit der Zeit immer weniger. Die junge Generation erledigt Ein- und Verkaufstransaktionen lieber über Apps, wo man sich einloggt, die Mengen und Preise festlegt und mit einem Klick bestellt. Das funktioniert teilweise, teilweise aber auch nicht – Messing ist schließlich nicht gleich Messing und Kupfer nicht gleich Kupfer. Es zählt vor allem die Qualität – und oftmals nicht der beste Preis. In der Branche sagt man: Ein Geschäft ist erst fertig, wenn die Qualität des Materials bestätigt ist und das Geld überwiesen wurde. Im persönlichen Kontakt kann man sich manches ausreden, Kompromisse schließen und Lösungen finden. Wenn nur mehr Computersysteme zum Einsatz kommen, gehen diese sozialen Kontakte verloren und ich weiß nicht, ob das der Weisheit letzter Schluss sein kann.

GF Gunther Panowitz, GF Martin Kriegl

Somit gehören wohl auch Reklamationen zu Ihrem Aufgabenportfolio?

Kriegl: Ja, die kommen natürlich auch zu mir. Da gilt es dann ebenso nachzufragen, wenn sich die Buchhaltung bei mir meldet, weil ein Kunde noch nicht bezahlt hat. Überhaupt gibt es noch zahlreiche weitere Aufgaben auf der To-Do-Liste. So koordiniere ich die beiden Lager in Amstetten und Kematen mit den Produktionsleitern, damit schlussendlich die richtigen Mengen an Materialien in der entsprechenden Qualität zum Kunden gelangen. Dazu muss jedes Monat Inventur gemacht werden und manchmal kommt auch detektivische Kleinarbeit dazu, wenn einmal etwas nicht stimmt. Zum Glück habe ich mit Astrid Rametsteiner mittlerweile eine große Hilfe im Backoffice, die mir viel Arbeit abnimmt.

Bei so vielen unterschiedlichen Tätigkeiten und Aufgaben über all die Jahre haben Sie bestimmt auch viel persönlich dazugelernt. Was waren die wertvollsten Lektionen?

Kriegl: Das Wichtigste ist wohl, sich selbst nicht zu wichtig und Geschäfte nicht persönlich zu nehmen. Zum Beispiel bei Reklamationen – ich bin niemand böse deswegen. Ich trenne Bekanntschaften und Freundschaften strikt vom Geschäft. Ich habe mit einigen meiner Freunde in der Branche seit Jahren kein Geschäft mehr gemacht, weil einfach die Konditionen nicht passen. Dennoch können wir uns in die Augen schauen. Ein weiterer Punkt ist die Vertragstreue. Wir bei Müller-Guttenbrunn erfüllen abgeschlossene Verträge – selbst dann, wenn Fehler passiert sind und der Vertrag für uns von Nachteil ist. Diese Vertragstreue schätzen unsere Partner sehr, weil sie wissen, dass man sich auf Müller-Guttenbrunn verlassen kann. Natürlich muss ich auch erwähnen, dass ich gelernt habe, dass man aufpassen muss, an wen man verkauft. Gerade in Phasen, wo man mehr oder weniger gezwungen ist, ein Geschäft abzuschließen und dabei ein Risiko eingeht, habe ich schon Lehrgeld bezahlt. Persönlich habe ich über all die Jahre aber auch gelernt, dass es wichtig ist, einmal länger als 10 Tage auf Urlaub zu gehen, abzuschalten und die Tage mit der Familie zu genießen. Die Kollegen im Büro regeln schon das Wichtigste. Allerdings muss ich zugeben, dass ich auch im Urlaub wissen will, was los ist und daher zumindest einmal täglich aufs Handy schaue, was es Neues gibt.

Apropos Neues: Was sind die aktuellen Herausforderungen für das Unternehmen?

Kriegl: Einerseits natürlich der Umstand, dass wir es aktuell mit einem Käufermarkt am Sektor für recycelte Rohstoffe zu tun haben. Aus diesem Grund muss auch das Material immer sortenreiner getrennt werden. Die Anforderungen an die Qualität werden immer höher und sind oft kaum zu erfüllen. Bei vielen Materialien wie Kupfer aber auch Eisen gibt es richtige Strafenkataloge. Schon einige Prozente und manchmal sogar Promille Chrom, Wismut oder Antimon und die Ware ist viel weniger wert – oder geht sogar retour. Eine andere Herausforderung sind die Lithium-Ionen-Akkus, die mittlerweile fast überall verbaut werden. Immer wieder hört man, dass wieder ein Recycling-Werk in Europa brennt. Dazu passt auch der Fakt, dass man noch nicht weiß, was man mit den Akkus aus den Elektro-Autos machen wird. Derzeit gibt es in Österreich keine einzige Schredderanlage, die E-Autos übernimmt und recycelt. Das ist noch eine ungelöste Geschichte – aber MGG als Familienunternehmen ist bekannt für seine Innovationen. Wer weiß, vielleicht finden wir ja in naher Zukunft eine Lösung dafür.

Man sieht, in der Recycling-Branche gibt es immer viel zu tun. Daher wünschen wir Ihnen weiterhin viel Spaß an Ihrer Arbeit und viel Erfolg dabei!