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Oktober 08, 2019

1991 wurde das tschechische MGG-Tochterunternehmen Metfer Trading gegründet. Das Werk in Plzeň entwickelte sich zögernd, ehe vor knapp sechs Jahren Radek Mašek als Geschäftsführer die Zügel in die Hände nahm. Im ausführlichen Interview blickt der 43-Jährige auf seine Anfänge als Buchhalter, die Herausforderungen und selbstverständlich auch die Zukunft des Unternehmens.

Herr Mašek, Sie haben acht Jahre beim Energiekonzern RWE gearbeitet. Wieso haben Sie sich 2008 entschieden, zu MGG Metfer zu wechseln?

Radek Mašek: Ich habe in der RWE-Niederlassung in Plzeň die Controlling-Abteilung aufgebaut. Allerdings habe ich dann gemerkt, dass ich irgendwann eine Veränderung brauche. Ich wollte ohnedies wieder als Buchhalter arbeiten, was ich bereits während meines Studiums für einige kleinere Unternehmen gemacht habe. Das hat mir immer Spaß bereitet. Aus diesem Grund habe ich schließlich auf eine Anzeige von Metfer reagiert, da man dort einen Buchhalter suchte. Allerdings habe ich nicht ganz genau gewusst, was mich dort erwartet.

Waren die ersten Tage dann ein Kulturschock für Sie?

Mašek: Natürlich war mir klar, dass man Metfer nicht mit einem Großkonzern wie RWE vergleichen kann. Dennoch war der erste Tag dann eine Überraschung. Bei RWE hatte ich ein typisches Büro in der 6. Etage, bei Metfer stand ich tatsächlich am Schrottplatz. Die ersten Tage war gleich Inventur angesagt und ich lief mit meinem Anzug über das Areal. Das war doch etwas ganz Anderes und ich muss ehrlich gestehen, da habe ich mich schon gefragt, ob das eine gute Entscheidung war.

Was hat Sie dann von MGG Metfer überzeugt?

Mašek: Nach den ersten Wochen wurde das Bild rasch sehr positiv – da habe ich völlig vergessen, dass ich auf einem Schrottplatz arbeite. Ganz im Gegenteil, da wurde mir erst richtig bewusst, dass wir etwas Positives für die Natur machen. Das war ein Thema, über das ich selbst vorher nicht so viel nachgedacht habe. Wenn ich dann aber gesehen habe, welche Materialien wir wieder recyceln, war das ein gutes Gefühl und der Kulturschock war schnell verdaut. Dazu habe ich sehr bald die Familie Müller-Guttenbrunn kennengelernt. Das hat mein Bild noch einmal verbessert, da ich gemerkt habe, dass die Geschäftsführer ihre Mitarbeiter als ebenbürtige Partner sehen. Das ist natürlich ganz anders als in einem Großkonzern!

Wie ging es dann bei Ihnen persönlich weiter?

Mašek: Nach den ersten Monaten habe ich verstanden, wie unser Unternehmen läuft. Da ist schließlich doch wieder das Bedürfnis in mir gewachsen, mehr als nur die Buchhaltung zu machen – ich wollte auch hier ein Controlling etablieren und selbst Managementfähigkeiten entwickeln. Bis dahin hat man in diesem Bereich nur das Notwendigste gemacht. Einen Blick von oben auf die Kosten und die Entwicklung von Metfer gab es nicht.

Was das auch ein Mitgrund, weshalb das Unternehmen zu dieser Zeit nicht florierte?

Mašek: Unsere Firma steckte damals tatsächlich in großen Turbulenzen. Während sich andere MGG-Tochterunternehmen entwickelt haben, weil sie investiert haben, waren unsere Ergebnisse nicht positiv. Wir hechelten ständig hinterher, da wir keine neuen Ideen entwickelt und nichts investiert haben. Dazu kam noch eine allgemeine Krise in diesen Jahren, wodurch sich der Effekt der fehlenden Investitionen noch verstärkt hat. Bei Metfer haben wir damals auch fast ausschließlich Eisen und nur wenige NE-Metalle bearbeitet. So waren wir nur ein unbedeutender Player am Markt. Mir ist damals bewusst geworden, dass wir nur erfolgreich sein können, wenn wir uns fundamental verändern. Daher habe ich begonnen, die Situation genau zu analysieren: Wo sind die Ursachen für den ausbleibenden Erfolg? Wieso hat das Unternehmen keine guten Ergebnisse? Dabei habe ich nicht nur die nackten Zahlen, sondern auch andere Aspekte wie das Kunden- oder Einkaufsportfolio unter die Lupe genommen.

Dieser Prozess hat ja schlussendlich dazu geführt, dass Sie seit dem 1. Jänner 2014 als Geschäftsführer die Geschicke von MGG Metfer Trading lenken. Waren Sie von diesem Schritt überrascht?

Mašek: Nein, nicht wirklich. Ich war ja relativ bald zum Prokurist ernannt worden und konnte so bereits ein wenig die Entwicklung des Unternehmens mitbeeinflussen. Da mein Vorgänger kurz vor der Pensionierung stand, war das irgendwo eine logische Entwicklung.

Wie waren Ihre Anfänge als Metfer-Geschäftsführer?

Mašek: Der Beginn war kompliziert aufgrund der erwähnten Vorgeschichte. Der Markt kannte die MGG Metfer Trading lediglich als Firma, die Eisen kauft und verkauft und vielleicht kleine Abbrüche macht. Als Partner für das Recycling von NE-Metallen hatte uns niemand auf der Rechnung. Meine Kollegen waren überzeugt, dass es bereits zu spät sei, hier noch Fuß fassen zu können. So war der Anfang durchaus kompliziert.

Wie ist es Ihnen dann dennoch gelungen?

Mašek: Wir hatten zum Glück auch Hilfe von Kollegen aus der Müller-Guttenbrunn Gruppe – etwa von Martin Kriegl, Günther Höggerl und Gunther Panowitz. Mit dieser Hilfe konnten wir u.A. ein großes Geschäft mit einer Verbrennungsanlage in der Nähe von Prag realisieren. Wir haben damals mehr oder weniger nur die Logistik für die Schlacke übernommen, verarbeitet wurde das Material schließlich in der Anlage von MGG Metran. Das hat mir einige Dinge vor Augen geführt: Erstens habe ich begriffen, dass es wirklich ein großer Vorteil ist, zu einer echten Recycling-Familie wie der Müller-Guttenbrunn Gruppe zu gehören, wo man über unterschiedlichste Technologien verfügt und sich auch gegenseitig hilft. Zweitens habe ich gemerkt, dass zwar viele Unternehmen in Tschechien mit Eisen handeln, aber zum Beispiel niemand derartige Schlacke bearbeiten kann. Daher war mir klar: Wir müssen uns in neue Bereiche vorwagen, wenn wir positive Zahlen schreiben wollen.

In welchen Bereich haben Sie sich mit MGG Metfer dann vorgewagt?

Mašek: Wie so oft im Leben, ist uns hier der Zufall zu Hilfe gekommen. Wir haben einen neuen Nachbarn bekommen: eine große Firma, die PET-Flaschen recycelt. Da wir eine Straßenwaage haben, die das Unternehmen mitnutzen wollte, sind wir ins Gespräch gekommen. Dabei haben wir erfahren, dass die gepressten Abfallpakete aus Deutschland neben den PET-Flaschen auch Folien und Aludosen enthalten werden. Da unser Nachbarunternehmen nur PET-Flakes produziert, war klar, dass die Dosen mit den Resten der PET-Flaschen sowie den Folien übrigbleiben. Da habe ich die große Chance gewittert und gesagt: Okay, wir kaufen diesen Abfall und trennen ihn, um anschließend die Alu-Dosen sortenrein verkaufen zu können. Dabei hatten wir bis zu diesem Moment absolut keine Erfahrung mit Dosen.

Wie wurde das Projekt dann dennoch ein Erfolg?

Mašek: Zunächst habe ich mit meinen Leuten am Werksgelände gerätselt, wie das funktionieren könnte. Wir hatten ja wirklich keine Ahnung, wie wir das trennen sollten. Zunächst haben wir mit Leasing-Mitarbeitern die Trennung händisch gemacht, doch irgendwann ist die Menge explodiert. Ich war damals gerade auf Urlaub in Italien, als ich plötzlich ein Foto von unserem Platzmeister aufs Handy bekommen habe. Ein riesiger Berg von unsortiertem Material und unseren fünf Leasing-Mitarbeitern. Da habe ich natürlich auch einmal kurz zu überlegen begonnen, doch auch hier kam wieder Hilfe aus Amstetten von unserer Recycling-Familie. Wir konnten eine alte Trennanlage von MGG Metran anmieten und rasch in Betrieb nehmen – und diese Anlage funktioniert mit kleinen Änderungen bis heute.

Welches Volumen kann man damit aktuell bewältigen?

Mašek: Derzeit produzieren wir rund 100 bis 140 Tonnen Dosen im Monat. Wir haben mittlerweile auch in eine eigene Presse investiert, sodass wir das Material pressen und platzsparend transportieren können. Neben den Aludosen separieren wir dank einer eigenen Trennanlage seit heuer auch spezielle Eisendosen, von denen wir monatlich ebenfalls 100 Tonnen produzieren.

Haben Sie noch weitere Investitionen vorgenommen?

Mašek: Für mich war es ganz wichtig, dass wir einen Großteil unseres Werksareals saniert und neu befestigt haben. Dazu haben wir auch neue Boxen für die einzelnen Fraktionen errichtet. Wir haben zwar viel Geld in neue Technologie wie unsere Zerkleinerungsanlage mit Übermagnet investiert, aber natürlich müssen auch diese Rahmenbedingungen an der Basis stimmen, schließlich bearbeiten wir auch Autowracks. Da ist es ganz besonders wichtig, dass der Untergrund wirklich in Ordnung ist.

Apropos Autowracks und Auto-Recycling: Hier wurden in den vergangenen Jahren die Gesetze in Tschechien geändert. Wie haben Sie diese Änderungen wahrgenommen?

Mašek: Die Änderungen sind ziemlich genau zu dem Zeitpunkt in Kraft getreten, als ich Metfer-Geschäftsführer geworden bin. Bis 2014 konnte nämlich jede kleine Schrottfirma Autowracks bearbeiten – oft unter ganz schlechten Bedingungen. Mit den neuen Regelungen hat sich das radikal geändert. Jetzt muss das ganze Auto an ein dafür zertifiziertes Unternehmen übergeben werden, damit nicht Einzelteile irgendwo auf einer wilden Deponie landen. Für die Unternehmen heißt das jetzt, genaue Aufzeichnungen darüber zu führen, wie viel von den Autos recycelt wird und was mit den einzelnen Fraktionen passiert. Dazu wird auch die Lagerung der Wracks genau kontrolliert. Daher werden Autowracks nun wesentlich organisierter recycelt. Eine weitere Änderung war, dass für Schrott nicht mehr bar bezahlt werden darf. Viele haben damals gemeint, das sei eine schlechte Entscheidung gewesen, doch ich finde, genau das Gegenteil ist der Fall: So ist vieles sofort nachvollziehbar und wir müssen uns nicht jeden Tag um Bargeld kümmern. Das ist sehr erfreulich.

Erfreulich ist auch die Entwicklung der letzten Jahre bei MGG Metfer Trading. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Mašek: Natürlich war es wichtig, dass wir in den letzten Jahren in die Gewinnzone gekommen sind und schwarze Zahlen schreiben. Wir haben viel investiert und unser Portfolio und unsere Leistung für die Kunden erweitert. So können wir mittlerweile sogar E-Schrott vorbereiten. Aktuell produzieren wir rund 2.000 Tonnen Recycling-Material im Monat – davon sind 300 Tonnen NE-Metalle. Die neuen Anlagen, die wir dafür benötigen, bringen natürlich neue Herausforderungen und auch neue Verpflichtungen mit sich. Mittlerweile beschäftigen wir bei uns in Plzeň 25 fixe Mitarbeiter plus unsere Jobber, wenn wir Spitzen abdecken müssen. Daher gilt es, auch in Zukunft für Neues offen zu sein, denn ansonsten wird uns die Konkurrenz überholen.

Eine Frage zu den Mitarbeitern: In Tschechien herrscht Vollbeschäftigung. Finden Sie passende Mitarbeiter am Arbeitsmarkt?

Mašek: Wir haben das Glück, dass wir keine große Fluktuation haben. Manche Mitarbeiter sind schon viele, viele Jahre bei uns. Mir ist – wie generell in der Müller-Guttenbrunn Gruppe – wichtig, dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren. Einige unserer Mitarbeiter haben mich, als ich die Geschäftsführung übernommen habe, gefragt, ob ich das Team entlassen würde. Natürlich wären Leasing-Mitarbeiter auf den ersten Blick billiger, aber diese haben keine Beziehung zum Betrieb, zu den Maschinen, zu den Kollegen. Sie gehen deshalb auch nicht so achtsam mit den Anlagen um und bringen keine Eigeninitiative ein. Daher sind die eigenen Mitarbeiter schon goldeswert und aus diesem Grund habe ich gar nie daran gedacht, Mitarbeiter zu entlassen – noch dazu, wo viele länger im Unternehmen tätig sind und viel mehr Erfahrung in diesem Business haben. Es stimmt aber, dass es derzeit praktisch keine Arbeitslosigkeit gibt und es fast unmöglich ist, neue Mitarbeiter zu finden. Aufgrund des wachsenden Angebots und der neuen Anlagen wird es aber wichtig sein, in naher Zukunft neue Mitarbeiter zu finden.

Sie haben den Zusammenhalt in der Müller-Guttenbrunn Gruppe schon mehrfach angesprochen. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Eigentümern und den MGG-Kollegen in Österreich?

Mašek: Ich bin natürlich täglich in Kontakt mit der MGG-Zentrale in Amstetten. Wir sondieren auch regelmäßig gemeinsam die Geschäftsmöglichkeiten. Es gibt Zeiten, da machen wir viele Geschäfte gemeinsam, und es gibt Zeiten, wo es nur wenige sind. Da genieße ich wirklich große Autonomie. Das ist für mich ein weiterer großer Vorteil, denn es gibt viele große Konzerne, wo dem Tochterunternehmen von oben herab vieles diktiert wird. Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen und habe dennoch eine Recycling-Familie im Rücken, die mich bei Bedarf unterstützt.

Bemerken Sie dabei auch Unterschiede zwischen den Tschechen und den Österreichern?

Mašek: Ich glaube, viele der Unterschiede sind durch die Geschichte bedingt. Durch die Zeit im Kommunismus haben wir Tschechen in manchen Bereichen bestimmt noch immer einen anderen Blick auf viele Dinge als die Menschen im Westen. So ist es den Menschen im Westen wesentlich wichtiger, dass sie genügend Freizeit haben oder in einer sauberen Umwelt leben. Bei uns sind Werte wie Umweltschutz noch nicht so verankert, doch die junge Generation ist da schon wesentlich näher am Westen. Ich merke aber auch andere Unterschiede: In Österreich spricht man gegenüber Vorgesetzten eine abweichende Meinung viel ungezwungener an. Bei uns ist es oft so, dass man gegenüber seinen Vorgesetzten das sagt, was diese hören wollen, auch wenn man selbst eine ganz andere Meinung vertritt. Da merkt man, dass wir noch nicht so viel Erfahrung mit der Freiheit haben wie die Menschen im Westen.

Kommen wir zum Abschluss zurück zu MGG Metfer Trading. Wohin wird sich das Unternehmen in den nächsten Jahren entwickeln?

Mašek: Wir müssen auf jeden Fall wachsen – wir brauchen mehr Platz, um die vielen verschiedenen Materialien lagern und entsprechend sortieren zu können. Da die Nachbargrundstücke allesamt bereits vergeben sind, sieht es rund um das bestehende Werksgelände schlecht aus. Es gibt jedoch bereits Überlegungen, in nicht allzu weiter Entfernung ein neues Areal zu erschließen. Ich sehe auch eine Chance für neue Trennanlagen, denn in Plzeň gibt es zum Beispiel keinen Schredder für Elektroabfall. Wie ich bereits erwähnt habe, müssen wir auf alle Fälle auch unser Team vergrößern, um die neuen Mengen bewältigen zu können. Meine Mannschaft arbeitet jetzt schon oft über ihre Grenzen hinaus, aber langfristig müssen wir das ändern. Ich möchte mich auch vermehrt auf Schrottsorten konzentrieren, die für andere Unternehmen uninteressant sind – etwa bei komplexeren Zusammensetzungen der Abfallströme. Hier soll MGG Metfer eine Pionierrolle in Tschechien einnehmen, das ist meine Vision für unser Unternehmen.

Wir wünschen Ihnen und Ihrem Team dabei viel Erfolg in den kommenden Jahren. Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!


Steckbrief

Radek Mašek
Geschäftsführer bei MGG Metfer Trading seit 2014
Alter: 43
Wohnort: Rokycany (rund 10 km östlich von Plzeň)
Familienstand: verheiratet, ein Sohn (5)
Hobbys: Musik (Synthesizer, Schlagzeug, eigenes kleines Tonstudio), Jazz-Chor und Reisen